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Halbzeitbilanz: Bessere Laune – schlechtere Bratwürste

Maximilian

Welche Unterschiede gibt es eigentlich zwischen Australien und Deutschland? Und wo begegnen mir diese im Alltag? Genau mit diesem Thema möchte ich mich in diesem Beitrag beschäftigen.

Der erste Unterschied zwischen Deutschland und Australien ist zugleich der offensichtlichste. Gleich nach meiner Ankunft im Juli war dieser Unterschied noch gar nicht so drastisch zu bemerken, aber jetzt, wenn ich bei 37°C Grad diesen Beitrag schreibe, ist der Klima-Unterschied klar zu bemerken. Seit ich vor gut fünf Monaten angekommen bin, erlebe ich einen durchgängigen Sommer. Angefangen im australischen Winter, mit rund um 20°C Grad und vereinzelt Regen, erreichen wir jetzt fast 40°C Grad im australischen Sommer. Ich wäre der Letzte, der sich über solches Wetter beschweren würde, dafür hat es einfach zu viele Vorteile. Seit ich hier bin, habe ich nämlich nur freundliche Australier erlebt, die mir mit ihrer Hilfsbereitschaft schon so einige Male geholfen haben und zudem auch immer gut gelaunt sind. Das muss einfach auch mit der Sonne zu tun haben. Außerdem weiß ich gar nicht mehr, wie sich Frieren anfühlt. Meine langen Hosen hätte ich eigentlich auch in Deutschland lassen können, und auch die Regenjacke war im Nachhinein nicht nötig. 

Bei den Nachteilen des Wetters angelangt: Neben Schwitzen und erschwertem Einschlafen ist auch mein Jahresrhythmus wie auf den Kopf gestellt. Für mich ist es fast unvorstellbar, dass in Deutschland gerade Leute fröhlich auf dem Weihnachtsmarkt stehen und Glühwein trinken. Weihnachten hat für mich immer auch etwas mit Schnee und Kälte zu tun. Für die Australier ist das offensichtlich auch so. Bei den Weihnachtsdekorationen ist ein klares Muster zu erkennen: Die besteht größtenteils aus aufgeblasenen Santas mit dickem Wollmantel oder kleinen schneebedeckten Sternen, mitteleuropäischen Häusern oder Rentieren. Auch die Australier wünschen sich eigentlich ein weißes Weihnachten mit Tannenbaum und Weihnachtsmarkt. 

Maximilian-9Ich finde, hier könnten die Australier ruhig selbstbewusster ihre surfende Version vom Weihnachtsmann in Shorts vorzeigen. Die stellt Weihnachten in Australien viel realistischer dar. Richtige Weihnachtsgefühle kommen da irgendwie nicht auf. Nur manchmal, wie zum Beispiel beim Christmas-Tree-Lighting in Noosa, schafft es der Kinderchor, mit Weihnachtsliedern die Weihnachtszeit zu eröffnen. 

Ich liebe das australische Klima und den Australian-way-of-life und bin auch deshalb hier viel gelassener geworden. Ich sehe viel mehr erst die positiven Dinge und beschwere mich nicht mehr so viel. Das ist eigentlich auch einer der Vorteile hier, die ich vermissen werde. Ich finde, dass in Deutschland die Leute viel zu schnell anfangen, sich über etwas zu beschweren, oder sich unnötig stressen, um ein perfektes Ergebnis zu erzielen. 

„German Sausage“

Trotz alledem kann man auf Werte wie Verlässlichkeit, Pünktlichkeit und Perfektion auch stolz sein, denn an manchen Stellen vermisse ich diese hier schon. Ein Negativbeispiel ist in jedem Fall die australische Bratwurst. Zwar haben die Australier den höchsten Fleischkonsum der Welt, ihre Bratwürste sind aber eher das Gegenteil von Weltspitze. Angefangen mit der widerlich braunen Farbe über eine fettig-flüssige Konsistenz bis hin zum unausstehlichen Geschmack würde man in Deutschland solch ein Würstchen nicht mal seinem Hund geben. Da hätte man zu viel Mitleid mit dem armen Tier. Auch die Torten und Kuchen in Australien kommen an den deutschen Standard nicht heran. Die Hauptzutat ist meistens Zucker, dann noch ein paar Milchprodukte oder Eier dazu, und fertig sind Kreationen wie eine Pavlova, von dessen Kauf ich nur abraten kann. Man kann wirklich zusammenfassen: Australien ist im Hinblick auf seine Kultur ein armes Land, was man wegen der nur 250-jährigen Geschichte aber verstehen kann. Trotzdem sind gerade deutsche Kulturgüter wie Bratwurst, Weihnachtsmarkt oder Apfelkuchen Dinge, die ich am meisten vermisse.

Jetzt kommt wieder ein großes Plus für Australien: auf jeden Fall muss ich von den unendlichen Möglichkeiten berichten, die dieses Land bietet. Neben Schwimmen, Surfen oder Kajak-Fahren im Meer gibt es so viele Nationalparks, dass man immer wieder Neues entdeckt. Erst vor kurzem bin ich mit meiner ehemaligen Gastfamilie auf den Mount Coolum gewandert, und die atemberaubende Aussicht hat mir mal wieder aufgezeigt, wie schön es hier eigentlich ist. Auch das Wetter war – wie normalerweise immer – perfekt und zusammen mit gut gelaunten Australiern war es ein Inbegriff meiner Zeit in Australien. Da ist es nur etwas traurig, dass diese Wanderung gleichzeitig die eine Abschiedstour für meinen Gastbruder war, was mir ebenfalls vor Augen geführt hat, dass meine Zeit in Australien begrenzt ist und wir schon in der Halbzeitpause angekommen sind.

Zusammenfassend kann ich also sagen, es gibt natürlich Dinge, die ich hier vermisse, aber insgesamt freue ich mich hier zu sein und versuche jetzt das Beste aus meinen restlichen sieben Monaten zu machen.

Maximilian ist für ein Jahr an der Sunshine Beach State High School in Noosa, Sunshine Coast, Queensland

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