Mein erstes Term an der Miami State High School habe ich abgeschlossen und zwei Wochen Ferien genossen. Nun beginnt das zweite Term. Es ist jetzt etwas mehr als die Hälfte meines Austauschhalbjahres vergangen und in diesem Bericht blicke ich zurück auf meine Erfahrungen der letzten drei Monate.
Es hat sich ungewohnt angefühlt, meinen 17. Geburtstag Mitte März weit weg von meiner Familie zu feiern. Meine australische Gastfamilie hat mir mit „Happy Birthday“ gratuliert, mir eine Känguru-Geburtstagskarte und etwas Heimat geschenkt: eine Box mit deutscher Schokolade. An dem darauffolgenden Wochenende habe ich eine kleine Feier mit meinen Freunden von der Gold Coast organisiert. Mit 17 Freunden von drei verschiedenen High Schools aus der Umgebung trafen wir uns zu einem Picknick im Burleigh Park unweit vom Burleigh Beach, haben dort Ball gespielt, uns unterhalten, Pizza gegessen und den Tag genossen. Einer meiner Freunde hat mir eine Muschelkette geschenkt, über die ich mich sehr gefreut habe.
Ich kam an die Gold Coast, um ein neues Land kennenzulernen und Neues auszuprobieren. Dass eine dieser neuen Sachen Muay Thai (Kickboxen) sein würde, hätte ich nie gedacht. Auf Empfehlung eines Freundes meldete ich mich im März im Boonchu Gym an. Das Boonchu Gym ist ein besonderes Kampfsportzentrum: Es wird von der australischen Kampfsportlegende John Wayne Parr geleitet, der während seiner aktiven Zeit zehnfacher Muay Thai-Weltmeister und zweifacher australischer Boxmeister wurde. Parr ist mit jetzt 48 Jahren immer noch aktiv und leitet die Trainingseinheiten. Ich gehe ca. zwei- bis dreimal die Woche zum Training. Ich bin dort sehr nett aufgenommen worden und war auch positiv überrascht, wie offen und freundlich dort miteinander umgegangen wird. Der Sport fasziniert mich, denn die Kampfsituation erfordert hohe Konzentration und ist insbesondere beim Sparing sehr adrenalinfördernd. Gleichzeitig merke ich, wie das Training meine Fitness, Ausdauer und Kraft steigert und ich spüre, wie mir diese Art von Sport im athletischen Sinne guttut. Auch trainiere ich dort zusammen mit einigen australischen Schülern meiner High School und habe mich mit ihnen besser angefreundet.
Ende März unternahm ich einen dreitägigen Ausflug der Austauschorganisation nach Sydney. Wir übernachteten in einem Hostel und wurden in Vierer-Zimmer aufgeteilt. Bis auf mich. Da die Reisebegleiter mich vor der Reise aus Versehen in ein Mädchenzimmer eingeteilt hatten, bekam ich nun ein Einzelzimmer. Das war wirklich der Jackpot. Ich hatte meine Ruhe, wenn ich sie brauchte, und von meinem Zimmer sogar Ausblick auf das Sydney Opera House.
Einer meiner Highlights war das Erklimmen der berühmten Harbour Bridge mit einer Führung. Gesichert mit einem Klettersteigset stiegen wir über Treppen und Leitern auf den oberen Bogen der Harbour Bridge. Dort hatten wir auf 134 m Höhe einen wunderbaren Ausblick auf Sydney, wie z. B. das Sydney Opera House und den Hafen. Bei einem Stadtspaziergang bewunderten wir auch das ikonische Sydney Opera House dann auch aus der Nähe. Ich musste innerlich schmunzeln, als ich an das Titelfoto unseres Englischbuches in der 10. Klasse dachte, auf dem genau dieses Gebäude abgebildet war.
Ein weiteres Highlight war die Fahrt mit einem Speedboot durch den Sydney Harbour. Dies ist wohl die aufregendste Art, den Hafen Sydneys zu erkunden. Im Hochgeschwindigkeitsboot rasten wir mit bis zu 75 Stundenkilometern über das Wasser, vorbei an Wahrzeichen wie dem Opera House und der Harbour Bridge. Warum man sich im Boot anschnallen muss, wurde uns spätestens bei den scharfen Kurven und weiteren Manövern klar. Wir kosteten die Mischung aus Sightseeing und Achterbahnfahrt aus und sangen in der letzten Reihe die Lieder mit, während wir über die Wellen bretterten. Auch Sydneys Taronga Zoo war wirklich beeindruckend. Wir genossen auf der Sydneyreise jede Minute und werden diese Erlebnisse nicht so schnell vergessen.
Eine Stadt, die wir als Gruppe von ca. zehn Internationals ohne Begleitung in einer Tagestour erkundeten, war Brisbane. Brisbane ist von der Gold Coast aus mit öffentlichen Verkehrsmitteln in ca. zwei Stunden zu erreichen. Die Stadt wird von zahlreichen Verzweigungen des Brisbane Rivers durchzogen. Fähren sind dabei Teil des öffentlichen Nahverkehrs, was wir nutzten, um die Stadt auf eine besondere Art kennenzulernen. Auch zu Fuß schlenderten wir durch die Stadt. Dort aß ich zum ersten Mal „Corn Dogs“. Corn Dogs bestehen aus einem aufgespießtem Würstchen umgeben von einer Maisteighülle. Sie werden frittiert und am Holzstiel an Imbissständen verkauft. Corn Dogs sind zwar keine australische Erfindung, aber dort sehr beliebt und meiner Ansicht nach auch ein sehr leckerer Snack. Durch die Gassen von Brisbane zu gehen, fühlt sich so an, wie ich es mir vorstelle, durch New York zu laufen: überall Hochhäuser und moderne Gebäude, viele Flussläufe und Statuen. Brisbane hat einen wundervollen Park und einen großen Markt, auf dem ich einige Souvenirs gekauft habe. Es war eine großartige Gelegenheit, die lebendige Kultur von Brisbane zu erleben.
Im April besuchten wir in einer Freundesgruppe den zoologischen Garten Currumbin Wildlife Sanctuary ca. 10km südlich an der Gold Coast. Dort konnten wir Koalas beobachten, Kängurus streicheln und bei einer Vogelfütterung landeten sogar zwei Vögel auf meinen Kopf.
Langsam verschwindet auch der Reiz des Neuen und man kennt eigentlich alle Straßen, Läden und Attraktionen in seiner Nähe. Das heißt aber nicht, dass der Spaß vorbei ist. Man muss nur woanders suchen, und so weiteten wir den Radius aus, in dem wir etwas unternahmen.
Ende April traf ich mich mit einer Gruppe von Austauschschülern, bestehend aus fünf Jungs und vier Mädchen, um den ca. 40 km entfernten Freizeitpark „Movie World“ zu besuchen. Lustigerweise fand ich nach einem kurzen Gespräch heraus, dass eines der vier Mädchen mit meiner Schwester in München in der gleichen Volleyballmannschaft spielt. Einer Freundin meiner Schwester zufällig auf der anderen Seite der Erdkugel zu begegnen, war natürlich eine Riesenüberraschung für mich. Mit Bus und der Bahn fuhren wir zusammen zum Freizeitpark. Dort angekommen kauften wir uns Churros und erkundeten die ersten Bereiche des Parks mit zahlreichen Achterbahnen, Fahrgeschäften und Filmattraktionen. Als Erstes waren wir in der „Bat-Cave“, in der sehr viele alte Requisiten aus den Batman Filmen ausgestellt wurden. Danach besuchten wir eine Wasserbahn, um uns an diesem heißen Tag abzukühlen. Bei den Achterbahnen zeigte sich die Schattenseite meiner Körpergröße von zwei Metern, da viele ein Größenlimit von 1,96 m hatten. Ich saß also draußen und habe eine halbe Stunde auf die anderen gewartet. Andere Achterbahnen durfte ich aber fahren und habe so doch einige Loopings genießen können.
Ich freue mich schon auf die nächste Monate und bin gespannt, was ich noch so erleben darf.