Hallo,
Ich melde mich nun mit meinem letzten Bericht. Leider ist meine Zeit nach einem halben Jahr in Australien an der wunderschönen Gold Coast zu Ende gegangen. Seit zwei Woche bin ich wieder zurück in Deutschland. Aber zunächst einmal möchte ich euch von meinen Erlebnissen der letzten beiden Monate meines Australienhalbjahres erzählen.
Eines der größten Highlights der letzten beiden Monate war Anfang Mai die dreitägige Schulreise nach Tangalooma Beach auf Moreton Island. Mit 25 Austauschschülern und zwei Lehrern von meiner Schule reisten wir mit Bus und Schiff zu der Insel an, die sich ca. 50km nordöstlich von Brisbane befindet. Kurz nach der Ankunft startete unsere Gruppe gleich zu einem Schnorchelausflug. Mit einem Boot fuhren wir zu einen Schiffswrack, erkundeten es schnorchelnd und ich tauchte sogar durch einen überfluteten Schiffsgang. Bei späteren Schnorchelausflügen sahen wir noch eine Meeresschildkröte und farbenfrohe Korallenriffe. Das schönste Erlebnis der Reise war jedoch eine Begegnung mit Delfinen. Einer der Ressortmitarbeiter führte uns ins seichte Wasser an einem Strand, wo sich Delfine tummelten. Mit einem weiteren Austauschschüler und dem Mitarbeiter stand ich in knietiefem Wasser und durfte Delfine füttern. Dazu hielt ich einen Fisch an der Schwanzflosse im Wasser, bis ein Delfin ihn schnappte. Der Delfin drehte noch eine Dankesrunde um uns und verschwand dann wieder. Es wird darauf geachtet, dass die Delfine nur ca. 20% ihrer benötigten Nahrungsaufnahme gefüttert bekommen, so dass sie sich weiter vorwiegend natürlich ernähren. Während des ersten Tages wurden wir auch noch von einem Filmteam begleitet, das ein Video über unseren Aufenthalt auf der Insel für EQI (Regierungsorganisation für Gastschüler in Queensland) drehte. Auch unternahmen wir eine Bus-Safari und erkundeten mit einer Wanderung einen Teil der ca. 30km langen Insel. Eine weitere sehr coole Aktivität war das Sandboarden. Dabei legt man sich bäuchlings auf ein großes Brett und saust eine der ca. 15m hohen Dünen hinab. Alle Teilnehmer waren danach mit Sand bedeckt. Auch bei mir knirschte es mächtig zwischen den Zähnen. Es war ein schöner Abschlusstag einer tollen Reise.
Ein weiteres eindrucksvolles Erlebnis war im letzten Monat ein Schultagesausflug in das Jellurgal Aboriginal Centre im Burleigh National Park. Dort wurde uns die indigene Kultur der Aboriginals mit Hilfe von Tänzen, Bräuchen und Erzählungen nähergebracht. Am Anfang der Tour wurden einige Aboriginal-Tänze aufgeführt, die den Aboriginals zur Kommunikation dienten. Im Anschluss lauschten wir den Geschichten und Legenden, die seit Generationen weitergegeben werden. Einer meiner Highlights war, dass ich ein Didgeridoo ausprobieren durfte. Den Mädchen wurde dies erstaunlicherweise nicht erlaubt. Nach den Regeln der Aboriginals ist das Didgeridoo den Männern vorbehalten. Nach einigen mehr oder weniger erfolgreichen Versuchen, dem Didgeridoo Töne zu entlocken, führte uns der Guide durch den Nationalpark und trug uns eine Art Lehm auf die Wangen auf, den die Ureinwohner zur Gesichtsbemalung verwenden – ein Ausdruck einer mindestens 50.000 Jahre alten Kulturtradition. Der Tag im Heritage Centre war eine hervorragende Gelegenheit, die Ursprünge der australischen Kultur hautnah zu erleben – so eindrucksvoll hätte es kein noch so guter Geschichtsunterricht vermitteln können.
Nun waren es nur noch zwei Wochen bis zu meinem Rückflug und ich merkte, dass mir langsam die Zeit weglief für Dinge, die ich noch erleben wollte. Dazu gehörte auch noch einmal, eine meiner Lieblingsattraktionen an der Gold Coast, das Currumbin Wildlife Sanctuary, zu besuchen. Das Currumbin Wildlife Sanctuary ist eine Art Mischung aus Wildpark und Zoo. Gleich beim Eintritt wurde ich von einer Gruppe bunter Papageien begrüßt, die sich neugierig auf meinen Schultern niederließen. Besonders faszinierend empfand ich die Begegnung mit den Kängurus. Ich konnte sie füttern und sogar streicheln. Auch viele andere australische Tierarten wie Koalas, Capybaras, Emus, Pythons und Krokodile konnten wir dort beobachten. Selbst einige ausgestorbene Tierarten wie die büffelgroßen Vorfahren der Capybaras (Wasserschweine) und Dinosaurierarten gab es zu bestaunen – diese aber natürlich nur als lebensgroße Kunststoffplastiken. Ich habe die Vielfalt und Schönheit der australischen Tierwelt wieder sehr genossen.
Vor meiner Abreise habe ich versucht, alle meine Freunde nochmal zu sehen. Eine gute Gelegenheit dazu war auch ein Abschieds-Barbecue am Broadbeach von den Austauschschülern unserer Schule, zu denen auch einige unserer australischen Freunde dazukamen. Es war ein merkwürdiges Gefühl, zu wissen, dass man zumindest die meisten Freunde nicht mehr wiedersehen wird. Vor allem bei den Mädchen flossen viele Abschiedstränen.
Und dann war es so weit: Meine Rückreise stand an. Um 3 Uhr morgens wurde ich von einem Shuttle abgeholt. Am Brisbane Flughafen war ich mit Lennox verabredet, einem weiteren Austauschschüler, der auch zurückreisen musste. Wir trafen uns dort zum ersten Mal und verstanden uns sofort prima. Unsere Eltern hatten für uns den gleichen Flug über Singapur nach München gebucht, um bei dem neunstündigen Zwischenstopp in Singapur das Stadtzentrum zu erkunden. So konnten wir uns zwischen den langen Flügen etwas die Beine vertreten und gleichzeitig eine faszinierende Stadt kennenlernen. Singapur ist für so einen Zwischenstopp hervorragend geeignet. Mit der U-Bahn fuhren wir innerhalb von einer halben Stunde vom Flughafen ins Stadtzentrum. Wir spazierten durch Chinatown, aßen Streetfood und bestaunten von der Aussichtsplattform des berühmten Marina Bay Sand Hotels die Skyline Singapurs (Tipp zum Dresscode: Ohne lange Hosen kommt man nicht auf die Skypark Aussichtsplattform!). Marina Bay Sands ist der 57-stöckige Gebäudekomplex mit drei Türmen, der so aussieht, als wäre ein Schiff quer über alle drei Türmen gelegt worden. Das Gebäude selbst ist ein Blickfang, aber auch die Aussicht von der Dachterrasse über Singapur ist herrlich. Ausreichend müde schliefen wir dann einen Großteil des verbleibenden Fluges nach Deutschland. Dort wurden wir herzlich von unseren Eltern empfangen. Mittlerweile habe ich mich wieder gut eingelebt zu Hause. Seit einer Woche habe ich auch schon wieder an dem Unterricht an meiner alten Schule teilgenommen. Mit meinen deutschen Freunden verstehe ich mich immer noch sehr gut. Es ist fast so, als wäre ich nie weg gewesen. Auch habe ich in der kurzen Zeit seit meiner Rückkehr schon wieder viele neue Leute kennengelernt. Dies zeigt mir auch, dass ich durch das Jahr in Australien unabhängiger, selbstbewusster und offener gegenüber neuen Menschen geworden bin.
Wenn ich rückblickend meine letzten sechs Monate in Australien betrachte, fallen mir sofort viele schöne Erfahrungen und Erlebnisse ein. Von den unvergesslichen Reisen und Ausflügen habe ich bereits ausführlich berichtet: Die Gelegenheit, atemberaubende Orte wie das Great Barrier Reef, die Inseln Lady Elliot und Moreton Island und auch Sydney zu besuchen. Ich habe viele neue Freundschaften geschlossen – einige mit Australiern, aber auch viele mit anderen europäischen Austauschschülern. Zumindest von manchen bin ich überzeugt, dass sie ein Leben lang halten werden. Auch einiges Negatives entpuppte sich später als eine positive Erfahrung, wie z. B. das Überwinden von Herausforderungen. Wenn man in Australien ankommt, ist da zunächst das Unbekannte, mit dem man klarkommen muss: Eine Gastfamilie, die man nicht kennt, eine neue Schule mit anderen Regeln, man ist weit weg von den Freunden und der eigentlichen Familie – und dazu muss man anfangs noch verdammt aufpassen, mit dem Fahrrad nicht auf der falschen Seite zu radeln (Linksverkehr!). Besonders in den ersten Wochen hatte ich oft Heimweh und fühlte mich einsam. Das beste Mittel dagegen war, die Gegend zu erkunden und neue Leute kennenzulernen. Strand und Surfen eröffneten sich als neue Aktivitäten. Aber es ergaben sich auch vollkommen unerwartete Dinge. Bei mir war das beispielsweise, dass ich über Freunde zum Kickboxsport kam und einige Monate bei der australischen Kampfsportlegende John Wayne Par trainieren durfte.
Meine Tipps, um optimal in euer Austauschjahr zu starten: Seid offen und flexibel, nutzt jede Chance und genießt die Zeit, denn sie vergeht schneller, als man denkt. Haltet regelmäßig Kontakt zu Familie und Freunden in Deutschland, aber verliert euch nicht in der Ferne, sondern erlebt euer Austauschjahr voll und ganz vor Ort. Reduziert daher Social Media Austausch mit der Heimat – das hilft letztendlich auch Heimweh zu vermeiden. Informiert euch gründlich über euer Gastland und packt entsprechend. Denkt an passende Kleidung und persönliche Gegenstände, die euch wichtig sind. Lasst trotzdem etwas Platz im Koffer für Dinge, die ihr während eures Aufenthalts kauft – ich reiste mit drei Jacken im Handgepäck zurück, da sie nicht mehr in den Koffer passten!
Es gab Höhen und Tiefen während meines Australienaufenthalts, aber die positiven Erlebnisse überwogen bei Weitem. Ich habe viel über Menschen und Kulturen gelernt, aber auch viel über mich selbst. Mein Austauschhalbjahr in Australien war eine der besten Erfahrungen meines Lebens und ich kann es jedem nur empfehlen.