Drei Monate sind eine lange Zeit, möchte man meinen, aber manchmal fühlt es sich so an, als ob die Zeit an mir vorbei zieht wie Wolken an einem besonders windigen Tag. Es fühlt sich wie gestern an, als ich wie ein kleines nervöses Nervenbündel in meinem Flieger von Deutschland nach Australien saß. Und jetzt ist bereits die Hälfte meiner Zeit hier vorbei. Ich habe Freunde gefunden, tolle Menschen kennengelernt und schon sehr viel vom Land, den Menschen und der Kultur gesehen. Und auch wenn natürlich nicht alles perfekt ist, ist es gut wie es ist.
Bevor ich nach Australien gekommen bin, wusste ich natürlich, dass ich meinen Geburtstag hier in Australien, 15.800 km von zuhause entfernt verbringen würde. Aber irgendwie hat es sich gar nicht wirklich angefühlt. Die Zeit hier ist auch so schnell vergangen, dass ich darüber gar nicht mehr wirklich nachgedacht habe, aber ich dachte immer, dass es bestimmt ein schöner, aber auch trauriger Tag sein würde, weil es mein erster Geburtstag alleine war. Ich hätte mir darüber wirklich keine Sorgen machen müssen. Ich erlebte einen total lustigen und unvergesslichen Tag mit meiner Gastfamilie, welche mit mir einen tollen Trip zum Australia Zoo gemacht hat, wo ich unzählige süße Tiere sehen konnte und wir echt viel Spaß hatten. Und ich habe sogar in einer Crocodile Show die Nachfahren vom legendären ‚Crocodile Hunter‘ Steve Irwin gesehen. Einfach toll mitzuerleben, wie sie so furchtlos mit diesen gefährlichen Tieren arbeiten und den Traum und die Bestimmung von Steve Irwin leben, aus der Welt einen besseren Ort für die Wildtiere und die Natur zu machen.
Hast du schon mal von Marmeladenglas-Momenten gehört? Die Momente, die man am liebsten einpacken und nie mehr hergeben will? Für mich sind das diese Momente, in denen ich am liebsten meinen kleinen Happy-Dance machen würde und sich alles so leicht anfühlt. Ich finde, dabei macht es dann nicht einmal einen Unterschied, ob es der einfache Strandbesuch nach der Schule, ein toller Brettspiel-Minigolf-Nachmittag mit einer guten Freundin oder einfach nur der kleine Snack im Sonnenuntergang ist. Das sind die Momente, wo sich alles so anfühlt, als wäre es für immer, und es ist einfach so schön, sich immer mehr und mehr am anderen Ende der Erde zuhause zu fühlen und zu sehen, wie das eigene soziale Netz immer größer wird.
Ich habe sogar angefangen, auf Englisch zu träumen. Also naja, es ist mehr ein ziemlich verwirrender Sprachen-Mix, aber es ist was es ist. Ich dachte immer, das ist eine Legende, also das mit dem Träumen. Aber jetzt, wo es mir selbst passiert, ist es irgendwie auch ziemlich cool, auch wenn ich nach dem Aufwachen erstmal eine kleine Pause bräuchte, um die vielen Wechsel zwischen Deutsch und Englisch zu verarbeiten. Es fühlt sich echt komisch an und es ist schwer zu verstehen, wenn man es nicht erlebt. Ich meine, wem passiert sowas schon?
Ich bin hier im Dance-Team meiner Schule, und als ich das erste Mal den Raum betreten habe, war ich sehr überfordert. Vor allem, weil alle sehr gute, extrovertierte und energetische Tänzer sind und sich schon seit vielen Jahren kennen. Ich saß da und habe alle einfach nur angestarrt. Aber auch wenn ich jetzt immer noch manchmal etwas überfordert bin, habe ich sehr gute Freunde in der Gruppe gefunden, und ich sehe jetzt, was unsere Lehrerin meinte, wenn sie sagte „Im Tanzen sind wir eine Familie“. Ich habe alle sehr lieb gewonnen und bin sehr froh, dass sie mich ‚adoptiert‘ haben und ich ein Teil von so vielen tollen Tänzen sein kann. Jeder ist immer unterstützend und die ganze Atmosphäre fühlt sich einfach nur verdammt richtig an. Auch außerhalb des Tanzens habe ich so wundervolle Menschen kennengelernt, für die ich so dankbar bin. Und dabei ist es nicht wichtig, ob es mit einem einfachen „Hi“ in einem meiner Fächer oder dem Vorstellen durch andere Freunde angefangen hat. Jetzt möchte ich niemanden missen und ich denke, dass das echte Freundschaften sind. Freundschaften, die für immer und sogar über mehr als 15.800 km halten. Es sind Freunde, denen ich alles sagen kann, die an guten Tagen mit mir feiern und an schlechten immer noch bei mir sind und mir zuhören, die immer für einen Spaß zu haben sind und mit denen alles immer gleich doppelt soviel Spaß macht als alleine.
Ich bin sehr dankbar für alles, was mir bisher passiert ist und auch für alles, was mich noch auf diesem Abenteuer erwarten wird. Eines ist aber sicher: Auch wenn nicht immer alles perfekt oder gut ist, alles hat einen Sinn und egal, was passiert, zumindest bin ich nicht allein. ♥